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IMG 0477Die Alte Pfarrkirche

Die Kirche am Schlossberg ist in jeder Hinsicht ein Kleinod unter den fränkischen Dorfkirchen. Einerseits ist sie eine von Ju­lius Echter konzipierte schlichte Saalkir­che. Und andererseits wurde sie von den Mönchen der Kartause Engelgarten im 18. Jahrhundert innen so prachtvoll ausge­stattet, dass sie in ihrer Art einziartig als ganzheitliches Kunstwerk des fränkischen Rokoko und des Barock zu bewundern ist.
Julius  Echter  konnte nicht überall prunk­ volle Kirchen erbauen lassen. Sein Ziel ge­bot eine möglichst große Anzahl von Got­teshäusern in seiner Diözese für den ka­tholischen Glauben zu errichten. Hierbei war es nicht möglich teuere Bauwerke zu erstellen. Spätere  Zeiten, besonders das 18. Jahrhundert, konnten das nachholen und ergänzen, wozu der Fürstbischof den Grund gelegt hatte. Und da wir ein Klos­terdorf der Kartause Engelgarten in Würz­burg waren,  waren  uns besonders gute  Be­ziehungen zu namhaften  Künstlern jener Zeh  geschenkt, die unsere Kirche prächtig ausstatteten. Der Hofbildhauermeister Johann Peter Wagner, aus Obertheres (1730-1809), bat unter Fürstbischof Adam Fried­rich von Seinsheim die Kirche am Schloss­berg mit drei Altären ausgeschmückt, die beispielhaft  in  der fränkischen Kunstge­schichte anzusehen sind. Martin Bolsterer und Andreas Urlaub haben mit ihren Al­tarbildern dem Gesamtwerk noch zusätz­lich eine besondere Note verliehen.

Wichtiges zur Baugeschichte

Dass  Estenfeld 1598 wieder eigenständige Pfarrei wurde, das konnte für die wirksame Seelsorge nicht ausreichend sein. Beklagte doch der Pfarrer immer wieder, dass insbesondere die Männer und Jugendlichen im Gottesbaus Sonntags keinen  Platz  fänden und deshalb müsse alsbald eine neue Kir­che gebaut werden.
Bischof, Prior und Pfarrer waren sich einig: Estenfeld braucht eine neue und größere Kirche. Unter Vorsitz des Priors wurde eine Baukommission gebildet. Frater Marx Hein wurde als Bauverwalter eingesetzt und im Herbst 1614 wurden in den heim-ischen Sandsteinbrüchen die Steine gebrochen.
Am 11. Januar 1615 erfolgte der Gemeindebeschluss zum Bau der Kirche. Im März 1615 steckt Frater Marx mit Maurer-meister Jörg aus Würzburg den Baugrund ab. Am 23. März 1615 wird die seitherige Kirche abgerissen, nur der Kirchturm bleibt erhalten  und die Bodenuntersuchungen werden durchgeführt.
Am  6. April 1615 werden im Rimparer Wald die Tannenstämme geschlagen, die wenige   Tage später zur Festigung des Baugrundes eingerammt werden. Unge­achtet dessen  muss zum Höhenausgleich des Baugeländes zwischen Chor und Kir­chenschiff eine Unterwölbung eingebaut werden.
Am  22. April 1615 wird Grundsteinlegung gefeiert, wozu die ganze Gemeinde zum Umtrunk eingeladen war. Am 13. Juni 1615 konnte das Gewölbe im Chor ge­schlossen  werden. Und am 20. September 1616 gab Weihbischof Eucharius Sang dem neuen Gotteshaus Weihe und Segen.
Nachdem die Gemeinde ihr neues Gottes­baus gebaut hatte, gab sie sich anno 1629 eine Fortschreibung der alten Kirchen-ord­nung mit Prozessionsordnung, die über Jahrhunderte peinlichst genau eingehalten wurde.
Um  1690 wurde ein schmuckes Seitenpor­tal geschaffen, das mit dem Welterlöser und den beiden Apostel Petrus und Paulus bekrönt war.  Die  geschnitzte Türe  dieses Portals   ist heute noch erhalten, während die Bekrönung leider verschollen ist. Etwa zur gleichen Zeit wurden die Vierzehn Nothelfer angeschafft, die heute als Sei­tenaltar in der neuen Kirche zu sehen sind.
1708 durfte Martin Bolsterer das Bild von der Himmelfahrt Mariens fertigen, das im Hochaltar zu bewundern ist. 1720 wurde die Flachdecke des Kirchenschiffes stuk­kiert.  1743 liefert der Würzburger Orgel­baumeister Johann Philipp Seuffert eine Orgel mit  festlichem Rokokorahmen, die leider ebenfalls nicht mehr vorbanden ist.1753 fertigt  Johann Georg  Moritz die Kanzel. 1760 werden drei Glocken ange­schafft, die im ersten Weltkrieg geopfert werden mussten.1769 erhält der Kirchturm einen barocken Aufbau, wie man ihn heute noch sieht.
1773 und 1779 darf Johann Peter Wagner die drei Altäre liefern. Etwa zur gleichen Zeit wird das große Kreuz  an der Wand der Empore angebracht, das heute als Chor­kreuz in der neuen Kirche dient.
Resigniert schrieb Pfarrer Wilhelm Barth 1911 über die Kirche am Schlossberg ins Verkündigungsbuch: »Es ist zu bedauern, dass dieses Werk mit seiner Ausstattung schwer zu erhalten sein wird.« In der Tat, es gehörte viel Mut und Zuversicht dazu. diese Kirche vor Einsturz oder gar Ab­bruch zu retten. Nur wenige Mutige waren es, die an eine erfolgreiche Sanierung glaubten und die um das Jahr 1963 mit einem Schutzgerüst die Rettungsaktion ein­leiteten.
1964 ist die Kirche am Schlossberg einsturz­gefährdet. In vierjähriger Bauzeit wird sie vor dem Zerfall gerettet. Die Bauleitung hat das Diözesanbauamt übernommen und Otto Pfister mit der Bauaufsicht beauftragt. Diö­zese, Landkreis und Staat finanzierten gemeinsam diese  Rettungsaktion, wozu die Gemeinde einen Zuschuss in Höhe von 75.000 DM in fünf Jahres-raten gegeben  hat.
Im Jahre der Jubiläumsfeierlichkeiten »1125 Jahre erste urkundliche Erwähnung der Gemeinde Estenfeld« weihte am 2. März 1969 Bischof Josef Stange Altar und Kirche.

Quellen und Literatur Katholische Kirchenstiftung Estenfeld (Hrsg.): Die beiden Kirchen Sankt Mauritius in Estenfeld. Christian Will: Estenfeld - Das Dorf im Kürnachtal und sein Ortsteil Mühlhausen. Hrsg.: Gemeinde Estenfeld im Eigenverlag 1982 

  

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